Studienfahrt nach Krakau


Krakaufahrt 2019

Wir schreiben Montag, den 07. Januar 2019, 7:30 Uhr. Während die Gesamtschule Kürten ihre Tore öffnete, um auch an diesem Tag wieder ihren Bildungsauftrag zu erfüllen, warteten 28 Schülerinnen und Schüler der Stufe 13 darauf, dass die letzte Schulfahrt ihres Lebens begann.
Bestens gewappnet startete die ca. 15-stündige Busfahrt zu den lieblichen Klängen von „Asozial Abfahrt“ und „Sweet Caroline“ in Richtung Krakau. 
Nach den ersten Stunden, als dann auch wirklich alle dank der Dauerbeschallung wach waren, konnte man sich zusätzlich zu den Liedern unserer Amateur-DJs wahlweise Mario Card (mit dazugehörigen Beschimpfungen) oder den Text der Serie „You“ anhören. Dieses wurde natürlich extra laut gemacht, um die restliche Soundkulisse zu übertönen.
Doch gegen 22:30 Uhr hatte dann jeder, trotz der guten Unterhaltung, genug von der Busfahrt und alle waren froh, als der Bus sich langsam aber sicher durch Krakau schlängelte. Nachdem unter Rekordzeit von weniger als drei Minuten der Bus am Ziel ausgeräumt wurde, um die nicht ganz legal besetzte Bushaltestelle wieder freizugeben, marschierten 30 Leute los in Richtung Hostel. Schnell wurden die Zimmer bezogen und sich wieder frisch gemacht, um das nächtliche Krakau zu erkunden.
Am nächsten Morgen fing das volle Programm unserer Fahrt mit einer Stadtführung an. Während wir durch eine alte Synagoge, das ehemaligen Ghetto und eine Burg geführt wurden, erkannten wir die Schönheit Krakaus. Das konnte auch der durchgängige Schneefall nicht verdecken. Wie erfroren und vollkommen durchnässt kamen wir nachmittags wieder im Hostel an. Dort kamen unsere Jungs auf die grandiose Idee, ihre triefend nassen Schuhe einfach mit dem Föhn zu trocknen; was kann dabei schon schiefgehen? Eine halbe Stunde später hatten sie die Antwort: Im besten Englisch wurde den Rezeptionistinnen mitgeteilt, dass der Strom weg ist: „We have no juice on the line“.

Da am nächsten Tag der Ausflug zum Konzentrationslager Auschwitz- Birkenau anstand und man dazu fit sein wollte, ist der Abend verhältnismäßig kurz ausgefallen und alle bereiteten sich darauf vor, was sie am nächsten Tag erwartete.
Dick eingepackt und mit viel Respekt vor dem Kommenden, machten wir uns früh am Morgen auf den Weg. Am Ziel angekommen, machte sich bereits ein Kloß im Hals breit, als wir die alten Steinbaracken im Stammlager erblickten. Was wir danach sahen und hörten, verschlug uns die Sprache und wer nicht schon einmal an den riesigen Haarbergen, Schuhsammlungen und anderen Überresten vorbeigelaufen ist, kann sich nicht vorstellen, in welcher Grausamkeit und Masse damals systematisch gemordet wurde. Zusammen mit dem erschaudernden Anblick der nicht endenden Reihe von Holzbaracken, soweit das Auge reichte und den dahinterstehenden Schornsteinen in Birkenau, wurde das Bild des Nationalsozialismus und dem Holocaust für uns, in seiner gesamten Abscheulichkeit, erschreckend real. Es wird sich wohl auf ewig in unser Gedächtnis einbrennen. Wer noch nicht selber in einer solchen Gedenkstätte war, wird nie das wahre Bild des Nationalsozialismus sehen und es bleibt viel zu theoretisch. Jeder sollte sich mit diesem Kapitel unserer Geschichte intensiv auseinandersetzen und es nicht herunterspielen oder sogar in Vergessenheit geraten lassen. oH
Auch auf der Fahrt in die Stadt Auschwitz war bei jedem der Schrecken über das Gesehene noch greifbar und es wurde bei jedem auf seine eigene Weise verarbeitet.
Nach einem Mittagessen fuhr uns der Bus zurück zum Hostel, wo es erstmal ein paar Stunden ruhig blieb.


Am nächsten Tag war die Besichtigung der ehemaligen Fabrik Oskar Schindlers geplant, wo wir alle, mehr oder weniger fit, die Geschichte Krakaus während des Nationalsozialismus sehr bildlich und authentisch erfahren haben.

Zu dem Zeitzeugengespräch, welches nach dem Mittagessen anstand, war jedoch jeder wieder hellwach. Keiner konnte sich den fesselnden Worten der Dame entziehen, welche als 3-jähriges Kind 15 Monate in Auschwitz-Birkenau überlebt hat. Es ist unglaublich und schrecklich zugleich, wie detailgetreu alles Erlebte noch über 70 Jahre später in ihrem Gedächtnis eingebrannt ist. Von Versuchen Doktor Mengeles, über das Leben in der Kinderbaracke Birkenaus bis hin zur Befreiung am 27.01.1945 und ihrem Leben danach, konnte uns die Zeitzeugin alles ganz genau erzählen. Diese Erzählungen haben sich mit den Bildern vom Vortag in unseren Köpfen zu einem Ganzen zusammengesetzt und eine nicht zu vergessende Lebensgeschichte, wie einen Film vor unserem inneren Auge abspielen lassen. Für diese Möglichkeit sind wir unglaublich dankbar, und wir wollen hiermit nochmal unseren Respekt an den unvorstellbaren Mut der Überlebenden ausdrücken, die ihre Geschichte weitererzählen.
Damit war die Fahrt leider auch schon vorbei; wir packten wieder in Rekordzeit unsere Koffer in den Bus und wappneten uns für die nächsten 15 Stunden.
Nach einer anstrengenden Rückfahrt sahen wir am Freitagmorgen gegen 8 Uhr die vertrauten Mauern unserer Schule.
Zwei Wochen später und wieder im Alltag angekommen, traf sich die Gruppe erneut. Dieses Mal im Bensberger Kino, um gemeinsam am 27.01. zum Jubiläum der Befreiung von Auschwitz den Film „Schindlers Liste“ auf großer Kinoleinwand zu sehen. Des Öfteren erkannten wir Orte wieder, an denen wir selber gestanden haben und so entfaltete der Film seine volle Wirkung auf uns alle. Der Film verband unsere Erfahrungen aus Krakau mit Bildern der damaligen Verhältnisse und rundete somit die wohl einprägsamste Fahrt unserer Schulzeit ab.

Ein Bericht von Lotta Westdorf

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